Frauensymbol

Aus dem Schrank auf die Vitrine - Lesben schreiben ihre eigene Kirchengeschichte

Veranstaltung auf dem 35. DEKT in Stuttgart 2015
- Protokoll II -

A studiert in Halle Theologie
Die Stimmung an der Uni empfindet sie gut, lesbenfreundlich und aufgeschlossen. Von Theologen und Theologinnen hat sie positive Reaktionen erfahren. In einer Ethik Vorlesung wurde Homosexualität in der Kirche behandelt. Sie kennt aber auch andere Situationen. Von einem neuen Pfarrer weiß sie, dass er sich nicht traut seine Stellungnahme zur Homosexualität abzugeben, weil er Angst um seine Stellung hat.

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B, Hetera, Jugendleiterin hat festgestellt, dass Homosexualität keinen Raum im Leben hat und bekommt.
Deshalb hat sie sich für diesen Workshop gemeldet. Sexuelle Vielfalt ist ihr Thema. In ihrer Kirchengemeinde gibt es ein Buch, in das Segnungen eingetragen werden. Wenn die Segnung der Trauung gleichgestellt wird, dann wird daraus umgetragen und die Bücher zusammengelegt. Sie stellt fest, wie sehr sie die Lesbenge- schichten berühren, besonders die Ungerechtigkeit. Sie identifiziert sich mit den Frauen, denen es so schwer gemacht wird, ihr Leben zu führen und ihre Liebe zu leben, in Offenheit und Selbstverständnis. Sie sieht ihre Aufgabe darin, von Vielfalt zu erzählen. Besonders ihren Jugendlichen möchte sie das weitergeben: Leben kann glücklich sein. Es hilft nicht zu schweigen und sich zu verstecken. Deshalb will und wird sie von den mutigen Lesben erzählen.

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C, Gemeindepädagogin, studiert soziale Gemeindearbeit war lange ehrenamtlich tätig. Sie bewirbt sich gerade unter Angabe ihrer Lebensweise. Sozusagen ein coming out in der Bewerbung. Sie will nicht geoutet werden, sondern als die, die sie ist, gewählt und gewollt auf eine Stelle, die ihr Freude macht. Eine Entdeckung hinterher fände sie schade und für ihre Arbeit hinderlich. Sie kann es sich allerdings zur Zeit finanziell auch leisten, nicht gleich eine Stelle zu finden. Sie weiß nicht, wie offen sie sich geben würde, wenn das anders wäre. In der Zwischenzeit macht sie positive Erfahrungen. In einer Gemeinde hat sie eine Segnung erlebt. Dort ist der Kirchenvorstand sehr positiv eingestellt. Wenn es dort eine Stelle gegeben hätte, dann hätte sie sofort anfangen können. Sie schätzt die gegenwärtige Lage so ein, dass die Kirche weiter sei als die Politik (der Staat). Sie ist darüber erstaunt und kann sich begeistern. Wenn sie es auf den Punkt bringen möchte, dann hat ihr die evangelische Fachhochschule beim outing geholfen.

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D aus Guatemala ist seit 27 Jahren in Deutschland. Sie ist Hetera.
Ihre Arbeit in der Schule und Engagement in der Politik für Asylbewerber hat sie diesen workshop wählen lassen. Sie vertritt die Theorie, man/frau müsse doch gar nicht über die Lebensweise reden, Hauptsache die Arbeit ist gut. ihr war gar nicht aufgefallen, wie selbstverständlich Heterosexuelle Menschen ihre Privatdinge auch im Beruf einflechten. Die Steine, die homosexuellen Menschen in den Weg gelegt werden, sieht sie als Herausforderung, etwas Neues zu beginnen. Sie parallelisiert dabei ihre Situation (Migrationshintergrund.) mit der von Homosexuellen.

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E hat kath. Wurzeln und war durch ihren Vater (Päd. Direktor) lange Zeit angehalten sich zu verstecken.
Auch ihre Frau arbeitet für die Ev. Kirche, im Kindergarten. Coming out gestaltet sich schwierig. Manchmal sehnt sich ganz einfach nur nach Rollensicherheit, z.B. dass sie wie die Männer der anderen Mitarbeiter_innen zum Würstchen grillen angesprochen wird. Ihre Partnerin sehnt sich nach coming out; überall lauern Gefahren, z. B. Handwerker, die sich als Väter von KiGa kids erweisen. Das scheint gar nicht nötig, aber die Angst ist einfach da, dass diese Eltern dann wegen des lesbischen Themas ihre Kinder aus der Einrichtung nehmen könnten. Und diese Angst nach 13 Jahren glücklicher Beziehung.
Sie fragt, wann der richtige Zeitpunkt zum outing gekommen ist. Ihre Rücksichtnahme bezieht sich auf den kirchlichen Kontext der Partnerin. sie selbst arbeitet in der freien Wirtschaft; dort ginge es entspannter zu. Sie geht davon aus, dass die meisten Pfarrern, gerne Homosexuelle segnen, weil diejenigen, die eine Segenshandlung begehren, es auch ernst meinen und keine Show buchen, anders als bei vielen Heteras/Heteros  für die es einfach dazu gehört und keine inhaltliche /religiöse Bedeutung hat. Für sie selbst war die Segnung bedeutungsvoll und ganz wichtig. Beruhigend findet sie es, dass der Chef über ihre Lebensweise Bescheid weiß; das gäbe eine gewisse Sicherheit.
Sie meint, dass der Kirchentag eine große Chance ist, um in Offenheit von allen möglichen Lebens- formen zu erzählen. Kirche ist einfach das große MEHR, das auch ausstrahlt. Bei der Segnung haben alle gesagt: Wow ist das schön und das war nicht äußerlich.

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F ist Erzieherin im Kindergarten. Sie lebt in ihrere eigenen Konfirmationsgemeinde. Hat dort geheiratet und Kinder bekommen. Seit 4 Jahren lebt und arbeitet sie mit einer Frau zusammen, nicht in einer Wohnung. Ihre Ehe ist ein guter Schutz vor Entdeckung. Einige Kollegen/innen scheinen zwar Bescheid zu wissen, outen sie aber nicht. Anscheinend ist es so praktischer für alle. Sie und ihre Partnerin sind einerseits geschützt; andererseits fehlt ihnen, dass sie ihr Glück und ihre Freude nach außen tragen können.

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G ist Grundschullehrerin, sie hat Theologie für das Lehramt studiert.
Teile des Kollegiums wissen Be scheid. Sie bedauert, dass es so leicht ist verdeckt zu leben. Wir werden gesehen und nicht erkannt. Möchte als liebende Frau wahrgenommen werden, die eben liebt und geliebt wird und in guter Partnerinnenschaft lebt. Sie nimmt für sich und ihren Unterricht mit: Sie will die bunte Vielfalt weitergeben, auch an muslimische Kinder, die den Religionsunterricht freiwillig mitmachen. Die Freiheit, die sie an dieser Stelle hat, will sie leben. Beide 6 und 7 wollen den Kinders die Vielfalt von Möglichkeiten weitergeben, eben auch 2 Frauen als Mütter, die üblicherweise nicht im Bilderbuch vorkommen.

 

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Anmerkung: Wir danken allen Frauen für das Gespräch. Alle waren damit einverstanden, dass wir ihre Beiträge anonymisiert mitschreiben und auf unsere Internetseite stellen.

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